Rede des Fraktionsvorsitzenden Darius Dunker zur Beschlussfassung über den Haushalt der Städteregion Aachen für das Jahr 2024
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
dies ist jetzt meine vierte Haushaltsrede im Städteregionstag, und ich hätte mir so gewünscht, sie könnte endlich mal in einer weniger bedrückenden Situation gehalten werden. Der immer noch andauernde, schreckliche Krieg Russlands gegen die Ukraine. Die fürchterlichen Gräueltaten der Hammas in Israel, die Tausenden von getöteten Unschuldigen im Gazastreifen. Mir kommt es ganz unpassend vor, über die Probleme zu reden, die wir hier in der Städteregion haben. Aber dies soll ja kein Jahresrückblick sein, sondern wir reden über den Haushalt der Städteregion. Immerhin, auch diesmal kann die Rede gehalten werden.
Wir haben im letzten Jahr vor dem drohenden personellen Blackout gewarnt und auf Berechnungen hingewiesen, dass bis 2025 voraussichtlich eine Dreiviertelmillion Fachkräfte im öffentlichen Sektor fehlen werden. Wenn ich an die letzten Sitzungen meiner Fachausschüsse zurückdenke, wird diese Dramatik auch bei uns längst greifbar. Sie sitzen ja nicht alle in denselben Ausschüssen wie ich, deshalb will ich das noch einmal erzählen:
Fast den Tränen nah schien mir der externe Referent in der letzten Sitzung des Umweltausschusses, als es um die Situation im Öffentlichen Nahverkehr ging. Schon zuvor wurde berichtet, dass es zwar erkennbare Wirkungen der Werbemaßnahmen zur Personalgewinnung gebe, aber die Neuzugänge nicht reichen, um auch nur das altersbedingte Ausscheiden zu kompensieren. Welche Spielräume haben wir überhaupt noch, wenn uns das Personal für die angestrebte Verkehrswende fehlt? Und weil davor gewarnt wurde, aber meine Frage im Ausschuss unbeantwortet blieb, möchte ich sie hier noch einmal wiederholen: Wie wollen wir mehr Personal gewinnen, wenn nicht durch Verbesserungen an Bezahlung und Arbeitsbedingungen?
Manche Sitzungen in den letzten Monaten waren regelrecht deprimierend: „Alle Krisen der Gegenwart schlagen sich in diesem Haushaltsentwurf nieder“, hieß es im Kinder- und Jugendhilfeausschuss. In den Ämtern herrschten „Gefühle der Hilflosigkeit und Verzweiflung“, weil die übergroßen Probleme mit den Mitteln vor Ort oft gar nicht gelöst werden können. Wir sind froh, dass hier interfraktionell Einigkeit besteht, mehr Unterstützung von Bund und Land zu fordern, wo Ihre Parteien an der Regierung sind – die UPP-Fraktion natürlich ausgenommen –, und vor Ort alles zu tun, was mit den Mitteln der Städteregion und ihren Mitgliedskommunen möglich ist. Dass es in diesem Bereich eine starke Abstimmung unter den Kommunen gibt und man gemeinsam auftritt, begrüßen wir sehr.
Leider sieht der nun gefundene Kompromiss zum Bundeshaushalt nicht so aus, als ob Chancen auf bessere Unterstützung der Kreise und Kommunen bestünden, im Gegenteil, der Haushaltskompromiss der Bundesregierung beinhaltet Kürzungen und Belastungen, die eben doch viele Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen werden. Mancher fühlt sich berufen, bei den Ausgaben im sozialen Bereich noch weiter gehende Kürzungen vorzuschlagen.
Wir wissen, dass wir uns mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen im Städteregionstag, einig sind, dass bei uns allen Menschen ein würdiges Leben ermöglicht werden soll, wie es die Verfassung unseres Landes fordert, und dass wir nach Kräften allen Menschen in Notlagen die Unterstützung zuteil werden lassen wollen, die sie benötigen. Dass die sogenannte Schuldenbremse gerade nicht für Generationengerechtigkeit sorgt, sondern dazu beiträgt, dass wir künftigen Generationen ein Land mit vielfach maroder Infrastruktur und verschlafenen Zukunftsinvestitionen überlassen, davor warnt dieser Tage nicht mehr nur Die Linke, sondern sogar das Institut der Deutschen Wirtschaft.
Wir wollen gemeinsam mit Ihnen darum ringen, dass auch künftige Generationen eine lebenswerte Welt bewohnen können. Wir haben in diesen finsteren Zeiten so viel zu gewinnen! Wir wollen voranschreiten in Richtung echter Klimaneutralität: Die Städteregion arbeitet kontinuierlich im Rahmen ihrer Klimastrategie. Wir sind mit den drei regionalen Energieversorgern auf dem Weg zu einhundert Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen. Die IHK, das möchte ich gerade als Linker mal betonen, hat sich sehr ehrgeizige Ziele gesetzt.
Wir wollen auch Ideen dazu einbringen und haben angeregt, zu prüfen, ob sich nicht durch die Wiedervernässung von Moorflächen sehr wirkungsvoll Treibhausgasemissionen in der Städteregion reduzieren lassen, denn Moore speichern sechsmal mehr CO2 als Wälder. Deutschland müsste, wenn es die Nationale Moorschutzstrategie im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie umsetzen will, jährlich 50.000 Hektar Moorfläche wiedervernässen. Tatsächlich sind es bislang etwa 2.000 Hektar.
Grund genug, dass wir schauen sollten, ob das Hohe Venn auch auf deutscher Seite Möglichkeiten zur Wiedervernässung bietet. Es wäre mit Sicherheit ein Gewinn für das Klima, den Hochwasser- und den Artenschutz und auch für den Tourismus unserer Region. Wir zählen auf Ihre Bereitschaft, das auf dem Weg über den Fachausschuss genauer prüfen zu lassen, und sehen dann jetzt davon ab, dafür einen konkreten Betrag im Haushalt zu beantragen.
Wichtig ist es aber, dass alle unsere Maßnahmen so gestaltet werden, dass sie von den Menschen verstanden und akzeptiert werden. Es wird Veränderungen geben müssen, das ist fast allen Leuten klar, aber wir müssen sie sozial gerecht gestalten, wenn sie uns nicht auf die Füße fallen sollen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche ihnen friedliche Feiertage und ein besseres Jahr 2024! Mögen die Waffen endlich ruhen!
Aachen, 14. 12.2023
Darius Dunker, Fraktionsvorsitzender
Die Linke Fraktion im Städteregionstag Aachen
Es gilt das gesprochene Wort.